Lanz & Precht – und der merkwürdige Taumel meines Landes

Zum 01.01.26 kehre ich nach Deutschland zurück. Fünfzehn Jahre fern der Heimat – zuerst Neuseeland, dann Schweiz – hatten mich politisch fast taub gemacht. Dort draußen war Deutschland ein fernes Rauschen. Doch nun beginnt mein „drittes Drittel“, der Lebensabschnitt, den ich zum besten von allen machen will. Genau darum suche ich förmlich nach den guten Dingen, nach denen, die die Stimmung, das Leben und die Zuversicht pushen. Und ausgerechnet jetzt taumelt das Land, aus dem ich einmal aufgebrochen bin. Es gerät in eine Schieflage, die mich fassungslos macht. Vielleicht höre ich deshalb genauer hin, was Politiker, Experten, Journalisten und selbsternannte Moralapostel so absondern.

Ich stütze mich dabei bewusst auf einen breiten medialen Input: Ja, Lanz und Precht gehören dazu – beide links der Mitte, aber immer auch bereit zu anderen Blickwinkeln. TAZ und Spiegel kommen genauso auf den Teller wie Nius oder Kontrafunk. International lese ich Global Times, Al Jazeera, RT, The Kyiv Independent, Fox News, CNN. Ein bunter Strauß, und durchaus widersprüchlich. Aber seit meiner DDR-Kindheit, in der es nur eine Wahrheit geben durfte, leide ich unter einer Allergie gegen Einspurigkeit. Ich stehe politisch vermutlich irgendwo in der Mitte – der „Internationalen“ wohlgemerkt. Die deutsche „Mitte“ ist inzwischen so weit nach links gewandert, dass man im Ärmelkanal nach ihr suchen muss.

Folge 217 von „Lanz & Precht“ (Deutschland: Spielball zwischen USA und China) ist verklungen. Die Diskussion der beiden brachte mich in Wallung. Und da ich nicht der Typ bin, der seine Emotionen meditativ wegatmet, schreibe ich sie auf.

Precht mag ich – er hat mich mit „Wer bin ich und wenn ja, wie viele“ zur Philosophie gebracht; dafür bin ich ihm dankbar. Seine zeitweilig „gretaesken“ Ansichten strapazieren mich zwar, aber gut. Lanz wiederum begegnet mir nur im Podcast. Im Fernsehen habe ich ihn nie wirklich verfolgt. Eloquenter Profi, clever, ein bisschen der Pressesprecher der Regierung – aber das ist sein Job. Ich nehme ihm das nicht übel.

Worüber ich mich allerdings nicht beruhigen kann, ist der groteske Zustand Deutschlands und seiner Politik. Der Podcast fasste Dutzende Absurditäten zusammen.
Da bricht ein Land ein – aber wir streiten über Nebelbänke.

Während die Gewinne bei Mercedes einbrechen und 4.000 Leute auf die Straße gesetzt werden, während Bosch zehntausende Stellen streicht und die energieintensive Industrie zu 70 Prozent ins Ausland verduftet, beschäftigt man sich auf höchster Ebene mit „Stadtbild“, „Haltung“, dem „Kampf gegen rechts“ oder einem neuen, mittels medialer Sturzgeburt aufgetauchten moralischen Minenfeld.


Während China Deutschland bei Batterien, Solar, KI und seltenen Erden bereits komplett überholt hat, grübelt man im Bundestag, ob das Wort „Schulhof“ diskriminierend sein könnte.


Während die USA allein dieses Jahr 120 Milliarden Dollar in KI stecken – eine einzige Firma wohlgemerkt –, präsentiert Deutschland seine „Hightech-Agenda“ von 18 Milliarden über vier Jahre. 18 Milliarden! Das ist der Betrag, den Google in manchen Jahren nur für seine Rechenzentren in Arizona verdampft.



Es ist dieser irrwitzige Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit, der mir die Zornesadern öffnet. Lanz & Precht beschrieben es als „Moral statt Material“, und dieses Bild stimmt. Deutschland stemmt sich mit gesenktem Blick in alle Richtungen gleichzeitig, nur nicht nach vorne. Es ist, als wolle man das nationale Versagen hinter immer neuen moralischen Tapeten verstecken.

Das unglaublichste Beispiel kompletten Denkversagens ist die deutsche Energiewende. Sie hat einen geradezu surrealen Kern: Man schaltet funktionierende, CO2-arme Atomkraftwerke ab – mitten in einer Energiekrise, ohne Ersatz, mit voller Absicht. Und weil Politik mit apokalyptischen Bildern besser funktioniert, sprengt man anschließend die Kühltürme, als wolle man der eigenen Vernunft eine Rückkehr kategorisch verwehren. Die irren Freudentänze bei der Opferzeremonie der Maschinenstürmer in Gundremmingen ließen mich ratlos und wütend zurück. Während andere Länder neue Reaktoren planen oder alte modernisieren, feiern Verwirrte die Demontage der zuverlässigsten Stromquellen des Landes wie ein moralisches Volksfest. Es ist, als würde ein Verdurstender erst die eigenen Wasserflaschen ausschütten – und sich nach dem Freudentanz darüber wundern, dass der Durst nicht nachlässt.

Sind diese Menschen und die, die das zu verantworten haben, eigentlich komplett bekloppt?!?

Danke fürs Lesen und liebe Grüße aus Basel.
Euer Jürgen

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